Frankfurter Rundschau 7/03
Augst / Carl / Korn / Pettibon: Blank meets Pettibon
Am 31.Oktober 2001 bekam in der Kölner Philharmonie der amerikanische Maler Raymond Pettibon den Wolfgang-Hahn-Preis der "Freunde und Förderer des Museum Ludwig" verliehen. Direktor Kasper König wollte die Kölner Ehrung mit einer angemessenen musikalischen Umrahmung schmücken und wusste dafür das Frankfurter Klang-Kunst-Trio "Blank" zu gewinnen. Sicherlich fand die Wahl unter dem Gesichtspunkt statt, hier das nötige Mutationspotential für das ehrenhalber obilgatorische musikalische Lorbeerbäumchen geboten zu bekommen.
Stimmt genau, möchte man nach Anhören der soeben bei GROB erschienenen CD sagen, denn Oliver Augst (voice, no-input mixer, keyboard), Rüdiger Carl (clarinet, keyboard, drum-machine, claviola) und Christoph Korn (guitar, electronics) absolvierten ihre Aufgabe mit gewohnt sophistisch kalkulierter Brillanz. In wohlwollender Indifferenz gegenüber allem, was als gärend, drängend und keimend zum Guten Ton musikalischer Unmittelbarkeitsklischees gehört. In kalkulierter Kühle feurige Differenz schaffen, das gelingt immer wieder: als schöne Weise des Unterbrechens. Sie kommt hier besonders pointiert zum Tragen denn Raymond Pettibon saß bei der Feierstunde nicht nur in der ersten Reihe, sondern trat als "Pettibon(Voice)" selber auf, womit das Frankfurter Blank-Trio zum Kölner Philharmonie-Quartett mutierte. Pettibon spielte da die Rolle des rockigen, wildwachsenden Seitentriebs mit vokaler Raubeinigkeit, die an seine Cover-Zeichnungen für Black Flag und Minutemen aus den 80ern denken lässt (das Cover der Blank-CD stammt übrigens auch von ihm). Die kühlen Blank-Klangkommandos spielten ihm die Rolle des brüllenden Löwen zu, der letztlich von den artistischen Dompteuren mit der langen Peitsche an der kurzen Leine gehalten wurde.
Und einmal bitte fauchen - Pettibon brüllt los "the rock is come back to You" und da gibt es dann doch noch ein Stück blanken Rhythmus': durchgetackerte Minuten mit Trommelfell-Piercing - das sticht!
Nach 20 Minuten und 51 Sekunden war alles vorbei. (Bernhard Uske)
The Wire (GB) 7/03
..." I don´t go nowhere without my microphone," Raymond Pettibon proclaims before reciting a choice selection of rock and rap cliches with appropriately theatrical fourish. Augst supplies occasional commentary while Blank piece together a patchwork of musical backdrops with varying degrees of relevance to the text. For Pettibon´s Grand Funk Railroad tribute "We´re An American Band" / think I´m gonna have to teach the band how to trash hotel rooms", quips Pettibon, pleading, "Please, come on." In a prime slice of absurdist vaudeville, Korn responds with a suitably Grungy riff, while Carl lays his clarinet aside to summon a leaden beat from his drum machine, and a mildly distored Augst reiterates the intention to "tear that hotel down".
SPEX 7/03
Blank feat. Raymond Pettibon
"Kick out the jams", kennen wir irgendwo her, "motherfucker". Hardcorde Improvisation bester Dekonstruktion trifft auf bitterböse Kunst. Die Frankfurter Band Blank um Oliver Augst (Elektronik, Stimme), Christoph Korn (E-Gitarre) und Rüdiger Carl (Klarinette, Klaviola, Drum machine) trifft auf den amerikanischen Künstler Raymond Pettibon (u.a.
Coverart für Black Flag und Minutemen). Eine Quartettaufnahme mit drei Musikern, dazu ein Künstler, der Textfragmente/Zitate durch die Gegend schleudert. Anarchie und Noise. Schmutzig verzerrte Gitarren im
halbierten Hardcore-Takt - und das alles im gediegenen Rahmen der Kölner Philharmonie. Der Applaus des Publikums, welches eigentlich zu einer Preisverleihung in den Klassiktempel kam, bleibt zögerlich. "Put up your
damn hands." Postmoderne Publikumsbeschimpfung. Selten klang die Reduktion aufs Wesentliche angemessener und
provokanter. Rough and straight. MC5 ohne Bombast. Reduktion auch in der Laufzeit. 24 Minuten dauert die Performance, der Hochspannungsbogen wird aufrecht gehalten und entlädt sich in dem smashigen Schlussakkord:
"We're an american band." J Mascis hätte seine wahre Freude gehabt an der konzertierten, konzentrierten Aktion. Mehr geht einfach nicht. Und noch was: Der Repeat-Button auf meinem CD-Player - endlos, immer wieder - hat endlich wieder einen Sinn, eigentlich sogar zum ersten Mal.
Holger Pauler
WOZ (CH) June03
Entstanden in Zusammenarbeit mit der Gruppe Blank, verknüpft dieses Dokument die Punkvergangenheit von Pettibon mit dem Freemusic-Kontext des Frankfurter Trios.
Während Pettibon scheinbar teilnahmslos Popslogans ins Mikrophon bellt, schrubben, bohnern und kehren Blank hinter seinem Rücken mit einer schwindelerregenden Dynamik.
Octopus (F), July 03
Sa recontre avec le trio d´improvisation allemand Blank marque un tournant dans sa carriere......Raymond Pettibon est (preque) meilleur pour jouer dans un groupe d´improvisation que pour en faire la pochette!
Blow Up (It) July 03
...fra improvvisazione libera e cabaret, teatralitá punk e tributi-parodia improbabili....Se si tiene conto dell´evento musicato....tuto sto dadaismo risulta certo meno campata in aria. Certemente rimane molto eccitante
Blow Up (It) July 03 translation
Blank meets Pettibon (CD Grob) (6t-20;49) Was fuer ein Quartett. Das Blank- Trio aus Frankfurt (Oliver Augst,
Ruediger Carl, Christoph Korn) und der Zeichner Raymond Pettibon (ihr werdet euch daran erinnern, dass er u.a. wunderschoene Cover Albums fuer Gruppen der ehemaligen SST, wie Minutemen und Black Flag gezeichnet
hat). Das Trio macht Musik mit Tastatur, Klarinett, Drum Machine, Klavioline, Gitarre und Elektronik. Er „allein“ unterstuetzt das Ganze bloss mit seiner Stimme. So entsteht ein faszinierendes und sonderbares Klanggemisch: zwischen freier Improvisation und Kabarett, Punk- Manier (à la Biafra) und unwahrscheinlichen Parodietributen (Be Careful What You Pay For, Yo! Bum Rush The Show mehr als We're An American Band … das
tatsaechlich eher einer betrunkenen Szene aus: Dear Mr. Fantasy von den Traffic's aehnelt, die von elektronischen Geraeuschen verunstaltet ist. Als musikalisches Ereignis ? fuer das die Pettibon's vom Museum Ludwig
in Koeln einen Preis bekommen haben- erscheint der ganze Dadaismus serioeser. Jedenfalls bleibt das Konzert sehr anregend.
Felix Klopotek
Das Frankfurter Trio Blank begegnet der klassischen Improvisation mit dem souverän-subversiven Gestus des zeitgenössischen Anarchismus. Sie arbeiten an der kleinen Form, schnitzen aus Songs, Elementen der Popmusik, Noise und Theatralik (im wahrsten Sinne des Wortes) schräge Miniaturen der freien Improvisation. Klarinettist uind Multiinstrumentalist Rüdiger Carl, FMP-Veteran der ersten Stunde, hat schon in diversen eigenen Gruppen
(u.a. mit Cowws, im Duo mit Red-Krayola-Mastermind Mayo Thompson, mit den Künstler Albert und Markus Oehlen) diese Coolness bewiesen. Dass er vor fünf Jahren auf die Frankfurter Text-, Theorie- und Bühnenarbeiter Oliver Augst (Elektronik, Stimme) und Christoph Korn (E-Gitarre) traf, war da nur konsequent. Alle drei kuratieren das bereits legendäre Pol-Festival im Frankfurter Mouson-Turm und haben aber vor allem eine großartige CD auf FMP veröffentlicht (2000). Ihre Musik ist direkt, dynamisch, expressiv, ohne dadurch die abgestorbene Geschichte, die den adaptierten Klischees innewohnt, ein weiteres mal zu perpetuieren. Sie holen nicht nur die Form in ihre Musik hinein, sie verflüssigen sie auch wieder, begreifen das Zitat nicht als Zitat, sondern als Material. Im Herbst 2001 trafen sie in der Kölner Philharmonie auf den amerikanischen Künstlerstar Raymond Pettibon (übrigens selbst Punks nicht unbekannt: Er zeichnete in den 80er Jahren die Black Flag- und Minutemen-Cover). Pettibon bekam von den Freunden und Förderern des Museums Ludwig den Wolfgang-Hahn-Preis verliehen. Museumsdirektor Kaspar König wünschte sich eine angemessene musikalische Begleitung und lud Blank ein. Die wiederum schnappten sich Pettibon und arbeiteten mit dem sonst so introvertierten Künstler an einer gemeinsamen Performance. Und natürlich: am Ende lief alles auf eine wilde Improvisation hinaus, in der Pettibon den Animateur und Inspirator spielte. Tatsächlich ist diese CD eine vollwertige Quartettaufnahme! Pettibon steuerte das Coverartwork bei, außerdem sind seine Notizen und Textfragmente abgedruckt. Blank meets Pettibon ist mitreißende Hardcore-Improvisation (die sich und uns sogar einen Smash-Hit gönnt: »We're an American Band«!) und dokumentiert den höchst umstrittenen kompletten Auftritt in der Kölner Philharmonie - nach 20 Minuten war alles vorbei. Es blieben keine Wünsche offen.